Ethik. Eine fortlaufende Entwicklung

Wir wissen auch nicht alles und die Entwicklung einer Ethik (was tut man und was tut man nicht, in welcher Situation mit welchem Tier?) ist wenn man ins Detail geht ausgesprochen knifflig. Die ZETA-Regeln sind schön und gut, für den Einzelfall aber viel zu allgemein. Sie taugen eher als Ideal, das eine Richtung vorgibt. Hier jetzt einmal eine Diskussion, in der die Teilnehmer versuchten, sich der Thematik zu nähern.

Die Namen der Teilnehmer wurden geändert.

Hund:
„gibt ein Zoophiler (s)einem Tier die Chance zwischen der eigenen Spezie oder dem Mensch zu wählen? Sonst nicht einvernehmlich sondern sozial erzwungen.“ Das ist der Punkt, der auch in Holland knifflig zu beantworten war. Jemand eine gute Antwort parat ?

Kitty:
Erzwungen?! Das wird doch nicht aufgezwungen. Das ergibt sich doch einfach, da ja nicht jeder die Möglichkeit hat, mehrere Hunde zu halten. Gemacht wird, was Spaß macht.
Prämisse sind wohl Personen in gleichgeschlechtlichen Einrichtungen wie Gefängnisse, die dann auch sexuelle Interaktionen mit eben diesem haben, weil nichts anderes zur Verfügung steht. :/
Außerdem leben Hunde in gemischten Rudeln mit Menschen zusammen und sehen den Menschen auch als Rudelmitglied an, und da ist es normal, wenn man denen auch Avancen macht.
Gleiches gilt für Katzen und Pferde, meines Wissens nach.
Also in so vielen Punkten dümmlich diese Aussage.

Fuchs:
Aufgezwungen in der Form, dass man der einzige verfügbare Partner ist

Kitty:
Wenn man sich gut versteht, ist das dem Tier komplett schnuppe.

Kitty:
Mir übrigens auch.

Fuchs:
Wäre ja aber keine freie Wahl mehr, sondern man würde diese Situation herbeiführen

Kitty:
Sex ist für mich nichts sonderlich Sinnlicheres, als was Leckeres essen oder die Lieblingssendung zu sehen.
Somit finde ich die Bezeichnung „Liebe machen“ zu exklusiv darauf geprägt.
Mit jemanden zu verkehren oder gemeinsam zu essen kann auch ganz bedeutungslos sein.
Auf die Gefühle, die man dabei hat kommt es doch an.
Bei Tieren ist das ganz ähnlich. Ist die Bindung, Vertrauen und Sympathie da, ist auch der Schritt zur sexuellen Interaktion angenehmer.

Fuchs:
Wäre ja aber keine freie Wahl mehr, sondern man würde diese situation herbeiführen, weil man sich ein Tier einzeln anschafft? Im Endeffekt läuft es wohl darauf hinaus.

Kitty:
Wäre es denn eine bessere Wahl, sinnlose Tiervermehrung zu unterstützen oder dem Tier die Wahl der gleichgeschlechtlichen Verpaarung zu geben?

Maus:
1.) Hierbei wird das Tier erst einmal anthropomorphisiert. Es wird angenommen, dass ein Tier Sexualpräferenzen ähnlich eines Menschen hat. Dies ist eindeutig falsch. Sicher haben viele Tiere bestimmte Präferenzen, manche Tiere mögen andere Dinge als andere, dennoch wird hier einfach unterstellt, dass ein Tier, wenn es sich aussuchen könnte, sexuell aktiv zu sein, es dann lieber mit einem Mitglied der eigenen Spezies täte. Dies ist schlichtweg falsch, lediglich eine Deutung der Menschen ist das Tier hinein. Den meisten Tieren ist es, wenn sie angenehme Gefühle haben, egal, wer ihnen diese bereitet, so lange sie angenehm sind und sie sich dabei gut fühlen. Ein zoophiler Mensch würde die Bedürfnisse seines Tieres vermutlich sogar besser achten können, als ein nicht-zoophiler. Eine Stute als Beispiel hat nicht viel Freude am ruppigen Vorgehen eines Hengstes, in der Zucht werden Stuten teils gefesselt, damit sie den Hengst nicht treten. Wenn ein Mensch mit sanfter Vorgehensweise und genau auf die Zeichen des Tieres achtend mit diesem Tier aktiv ist, kann er die Bedürfnisse dieses nichtmenschlichen Tiers vermutlich sogar wesentlich besser beachten als es ein Hengst tun würde. Manche Tiere haben sogar eindeutig Präferenz in Richtung Mensch gezeigt. Die Annahme, dass ein Tier „besser“ mit einem Artgenossen sexuell aktiv sein sollte statt mit einem Menschen, ist als solches außerdem im Verdacht, ein naturalistischer Fehlschluss zu sein. Nur, weil etwas natürlich ist, ist es nicht gut oder richtig. Sonst müssten wir heute immer noch an Grippe sterben und Männer dürften ihre Frauen nehmen, wann sie Bock haben, denn dieses Verhalten galt auch lange Zeit als natürlich.

Kitty:
Ich glaube Menschen haben zunächst auch keine sexuellen Präferenzen. Diese Prägung und Entscheidung wird durch die Gesellschaft forciert. Darauf weist auch der Kinsey-Report hin.

Fuchs:
So wie ich die Frage verstehe, müsste man seinem tierischen Partner die wahl zwischen beiden Geschlechtern und Spezien lassen und nur, wenn er einen selbst, wählt wäre es okay

Kitty:
Die meisten Tiere, auch der Mensch, so glaub ich, sind primär sexuell, ohne Präferenz.
Bei den meisten Tieren sorgt nur das Weibchen mit Lockstoffen für eine Verpaarung mit dem anderen Geschlecht. Siehe Läufigkeit und Rosse usw.

Maus:
2.) Gleichzeitig ist es auch fraglich, wieso ein Akt, der beiden Parteien Freude bringt, in irgendeiner Art problematisch sein soll. In nicht-zoophilen Haushalten werden Tiere meist ohne Rücksicht auf ihre sexuellen Wünsche gehalten. Sie werden genitalverstümmelt (Kastration) und ihr natürliches Sexualverhalten in einer Gemeinschaft wird unterbunden mit Strafen, lauten Worten usw. Da wird das sexuelle Verlangen nicht beachtet, die Tiere können ihren Bedürfnissen nicht nachkommen und sind sexuell verarmt und frustiert. Sollte ein Zoophiler aber dennoch den Wunsch eines Tieres nach sexuellen Kontakten zu anderen tierischen Partnern ermöglichen wollen (sehr gern), sollte man aber darauf achten, dass die Tiere sterilisiert sind (Nachwuchsverhinderung, da die Tierheime voll sind und sinnlose Vermehrung leider immernoch ein Problem ist). Ich persönlich wurde meinem Tier als Zoophiler niemals den sexuellen Kontakt zu einem anderen Wesen verweigern, da mein Tier nicht an menschliche Verhaltensregeln und Moral gebunden ist, was Eifersucht oder Ahnliches angeht. Es soll sich vor allem wohl fühlen und ich würde alles dafür tun, um dies zu erreichen.

Maus:
Die Wertung, dass eine „natürliche Paarung“ in irgendeiner Weise im Interesse des Tieres liegt und das Tier sich bei der Wahl „entscheiden“ würde, den tierischen Partner vorzuziehen, ist Unsinn. Meist ist sogar das Gegenteil der Fall. In der Tierwelt wird, wie oben beschrieben, der Partner mit Lockstoffen angeworben und diese Lockstoffe lösen einen Instinkt aus. Ist dies auch freie Entscheidung oder ist es vielmehr frei, wenn sich das Tier entscheidet, weil es gute Empfindungen und Freude erwartet, nicht weil irgendein Lockstoff dem Instinkt mitteilt „Jetzt Sex!“

Kitty:
Nicht außer Acht zu lassen sind hierbei auch innerartig sexuell übertragbare Krankheiten.

Fuchs:
Ich übertrag meine Antworten mal aus dem ‚piep’chat:
(1) Bei diesem Argument muss man immer mitdenken, dass *realistisch* gesehen die Wahl zwischen „gar keine Sexualität ausleben“ und „Sexualität mit dem Menschen ausleben“ besteht. Mit ersterem haben die meisten Menschen kein Problem, bei letzterem haben sie moralische Bedenken und führen die Option „Sexualität mit Artgenossen“ heran, die zwar theoretisch existiert, praktisch aber zu überfüllten Tierheimen und demzufolge zu einer unbeherrschbaren Straßenhundesituation führt.

….

(2)
Es wird eben eine vermeintlich oder scheinbar bessere Alternative hinzugedacht, die so gar nicht exisitert. Akzeptiert man die Alternative als korrekt, hat der Fragesteller mit seiner Position möglicherweise Recht. Die tatsächlichen Alternativen sind aber:

1. Kastration (0% einvernehmlich)
2. Abweisen und verhindern jeder sexuellen Aktivität (0% einvernehmlich)
3. Sexualität mit dem Menschen ausleben (Einvernehmlichkeit möglich bei empathischem Umgang mit dem Tier)

Maus:
Und Katze, das ist nicht ganz richtig. Es gibt beispielsweise durchaus hormonelle, neurologische und genetische Faktoren, die beim Menschen die sexuelle Präferenz beeinflussen. Diese sind nicht deterministisch, aber beeinflussen die Wahrscheinlichkeiten. Jüngere männliche Nachkommen von älteren männlichen Nachkommen sind mit größerer Wahrscheinlichkeit homosexuell, da der Körper der Mutter bei einer zweiten Schwangerschaft Testosteron stärker bekämpft, was in einem Jungen einen gerigneren Testosteronhaushalt zur Folge hat, was Homosexualität begünstigt und ihn oft sensibler und mitfühlender macht. Gleichzeitig ist die Wahrscheinlichkeit bei eineiigen Zwillingen, dass beide homosexuell sind größer, als bei zweieiigen Zwillingen. In der Gruppe der schwulen Männer sind jüngere Brüder von älteren männlichen Nachkommen überrepräsentiert. Autisten beispielsweise entwickeln auch eher einen Fetisch. Klar, all das ist nicht komplett determinierend, aber durchaus eine Tendenz in höhere Wahrscheinlichkeiten, einen Einfluss komplett zu verweigern, finde ich nicht richtig.

Maus:
Warum vergisst eigentlich jeder Alternative 4? Sterilisation und dann Zulassen von sexuellen Kontakten?

Fuchs:
Sterilisation ist ebenfalls nicht einvernehmlich.

Maus:
Du hast Recht, aber mir wäre es lieber, wenn mein Tier sich ausleben dürfte, auch mit anderen Tieren.

Kitty:
Ich hab es nicht ausgeschlossen, Maus.
Auch bei Kinsey ist ein bestimmter Prozentsatz an Menschen 100% hetero-, bzw. homosexuell.
Ist aber relativ klein.

Maus:
Tierarztbesuche sind auch nicht einvernehmlich, Tabletten einer Katze geben auch nicht. Dennoch ist es wichtig für das tierische Wohlergehen. Ich habe meinen Kater [einmal] „nicht einvernehmlich“ füttern müssen, weil er ansonsten gestorben wäre, weil er wegen Schnupfen nicht mehr frass.

Kitty:
Sterilisation birgt gewisse Risiken.
Es wird nicht oft praktiziert. Daher sind viele Tierärzte nicht gut genug in der Praxis drin und es passieren Fehler. Mitunter ist das Tier danach sogar noch zeugungsfähig.

Maus:
Es soll doch nicht zeugungsfähig sein. Es soll doch Nachwuchs verhindert werden.

Kitty:
xxxxx’s [Hund] hatte danach zum Beispiel immer mal wieder Nebenhodenentzündungen.

Maus: Okay, das ist scheiße..

Maus:
Klar, besser ist immer wenn man es garnicht braucht

Fuchs:
Aber das war doch auch eine chemische und keine operative

Maus:
Das Problem ist, dass da Literatur fehlt.

Kitty:
Das war die chemische Kastration zur Behandlung des Problems, als nichts anderes mehr geholfen hat.

Maus:
Das forscht ja keiner, die schneiden ihren Hunden ja alle den Sextrieb weg. Furchtbar. Ich könnte kotzen.

Fuchs:
Schon klar, Maus. Mir geht es dabei auch erstmal darum, diese Nicht-Einvernehmlichkeit festzustellen. Inwiefern nicht einvernehmliches Handeln dem Tier gegenüber manchmal notwendig oder jedenfalls legitim ist, steht auf einem anderen Blatt Papier. Nur: wenn ich eine pauschale Position zur Einvernehmlichkeit beziehe, sollte ich diese auch konsequent durchziehen und sie nicht eine Handlung pauschal ablehnen, weil sie „nicht einvernehmlich sein könnte“ und eine andere achselzuckend hinnehmen. Aber genau darauf läuft es bei jenen, die Bedenken bei der EInvernehmlichkeit sexueller Mensch-Tier-Kontakte haben, am Ende immer hinaus.

Maus:
Ich persönlich halte sexuellen Kontakt zwischen Mensch und Tier für besser als zwischen Tier und Tier. Und damit meine ich nicht, für den Menschen, sondern für das Tier. Weil der Mensch mehr Möglichkeiten hat die Bedürfnisse des Tiers zu befriedigen.

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