Gestern hat der Deutsche Bundestag in seiner 214. Sitzung über die Neuregelung des Tierschutzgesetzes Drucksache Nummer 17/11811 in 2. und 3. Lesung beraten und beschlossen. Im Rahmen dieser Novellierung sah der Agrarausschuss ein sogenanntes „Sodomie“-Verbot vor, das sexuelle Mensch-Tier-Kontakte als Ordnungswidrigkeit sanktionieren soll. Dass es sich bei diesem Verbot um ein Moralgesetz handelt und es als solches in einem liberalen Rechtsstaat wie dem unseren nichts verloren hat, haben wir vom ZETA-Verein bereits mehrfach erläutert.
Wie wir mit Bedauern erfahren mussten, haben weder die verfassungsrechtlichen Bedenken des als Experten angehörten Richters am Landgericht Detmold, Herrn Dr. Thorsten Gerdes, noch die Äußerungen des ehemaligen Vizepräsidenten des Bundesverfassungsgerichts, Herrn Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Winfried Hassemer, im Spiegel und der Süddeutschen Zeitung die Regierungsparteien davon abhalten können, dieses Moralgesetz zu verabschieden. Auch gab es von Seiten der Politik offenbar kein Interesse daran, sich mit dem Thema Zoophilie qualifiziert auseinanderzusetzen. Stattdessen dient dieses Verbot dem Zweck, das vollständige Versagen von CDU/CSU und FDP im Tierschutz zu kaschieren, denn weder der tierquälerische Schenkelbrand noch die qualvolle und betäubungslose Ferkelkastrationen wurden verboten. Ebenso gibt es keine nennenswerten tierschützenden Verbesserungen in der Agrarindustrie und bei Tierversuchen.
Moralgesetze wie das „Sodomie“-Verbot haben in einem liberalen Rechtsstaat nichts zu suchen. Damit eine Strafe – und sei es nur ein Bußgeld – in einem Rechtsstaat verhängt werden kann, muss zunächst ein Rechtsgut verletzt werden und diese Verletzung des Rechtsgutes muss nachweisbar sein. Zudem stellt sich die berechtigte Frage, wie einvernehmliche sexuelle Kontakte eines zoophilen Menschen mit seinem Tier nachgewiesen werden sollen, gerade weil dem Tier dabei kein Leid entsteht. Folglich bewirkt dieses Gesetz die Diskriminierung einer sexuellen Minderheit. Zoophile Menschen werden Angst haben müssen, dass sie gebrandmarkt werden und ihnen möglicherweise der tierische Partner von Amts wegen entzogen wird, obwohl sie ihren Tieren kein Leid zufügen.
In der Expertenanhörung des federführenden Ausschusses hat der Jurist und Richter am Landgericht Detmold, Herr Dr. Thorsten Gerdes, nicht nur auf die verfassungsrechtlichen Probleme eines solchen Gesetzes hingewiesen, sondern zudem ganz klar gesagt, „Regelungsbedarf hinsichtlich der sog. Zoophilie besteht nicht“. Der ehemalige Vizepräsident des Bundesverfassungsgerichts Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Winfried Hassemer sagte im Spiegel, die Tatsache, dass solche Handlungen „unanständig“ oder „widerlich“ seien, reiche „in einem liberalen Strafrecht“ nicht für ein Bußgeld oder eine Strafe aus. Dies wiederholte er am 13.12. in der Süddeutschen Zeitung.
Zoophilie ist den Arbeiten von Dr. Hani Miletski, Prof. Bernhard Ditters et al., Prof. Martin S. Weinberg, Prof. Colin J.Williams und Dipl. Psychologin Marion Nasswetter zufolge eine mit Homosexualität vergleichbare sexuelle Orientierung. Daher besteht hier für zoophile Menschen das verfassungsgemäße Recht auf sexuelle Selbstbestimmung, solange durch das Ausleben der sexuellen Orientierung den Tieren weder Leid noch Schaden zugefügt wird. In einer entsprechenden Güterabwägung muss das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung höher bewertet werden als die moralische Bewertung und Verurteilung einer sexuellen Orientierung oder das Bedürfnis Dritter, eine als „pervers“ empfundene Handlung zu sanktionieren.
Die Formulierung des „Sodomie“-Verbots basiert auf Annahmen, die als wissenschaftlich und empirisch widerlegt betrachtet werden können. So sind sexuelle Kontakte zwischen verschiedenen Arten keineswegs „artwidriges Verhalten“, wie es das vorgesehene Gesetz unterstellt, sondern kommen in der Natur regelmäßig vor. Forscher wie der Evolutionsbiologe Prof. Michael Arnold von der University of Georgia in Athens sind sogar der Überzeugung, dass Geschlechtsverkehr zwischen verschiedenen Arten ein relevanter Aspekt der Evolution ist. Dass einige Individuen einer Art sich zu anderen Arten sexuell hingezogen fühlen, mag für die anderen Individuen dieser Art zwar „widerlich“ oder „ekelhaft“ sein, doch unnatürlich oder gar artwidrig ist dieses Verhalten nicht.
Ferner gibt es keinerlei wissenschaftlichen Erkenntnisse darüber, dass artübergreifende einvernehmliche Sexualkontakte für eine oder gar beide der beteiligten Arten unangenehm oder gar schädlich sind. Entsprechend ist die Begründung, potentielles Tierleid vermeiden zu wollen, nicht haltbar. Tierquälerische Handlungen sind bereits heute nach § 17 Tierschutzgesetz strafbar; auch dann, wenn sie sexuell motiverter Art sind. Zur Vermeidung von Tierleid wäre es daher zielführender, in § 17 Tierschutzgesetz die rechtliche Grenze von „erhebliche Leiden“ herabzusetzen, indem man das Wort „erheblich“ streicht, um auf diesem Wege die Verfolgung aller tierquälerischen Handlungen strafrechtlich zu ermöglichen. Dies hat der ZETA-Verein den Abgeordneten bereits im September in einem Schreiben vorgeschlagen.
Der ZETA-Verein wird gegen dieses Moralgesetz Verfassungsbeschwerde einreichen, um so die Diskriminierung und Verfolgung von Zoophilen in Deutschland zu verhindern.