Schon in der griechischen Antike wurden Tiere für „niedere Wesen“ und der Mensch für „etwas besonderes“ gehalten, das entsprechende Fähigkeiten hätte, die den Tieren vorenthalten sein. Es kam bald zu einer strikten Trennung zwischen „uns“ (den Menschen) und „den anderen“ (den Tieren). Immer wieder wurde diese konstruierte Trennlinie aber auch benutzt, um bestimmte Menschengruppen „den Tieren“ zuzuordnen und darüber unter anderem Sklaverei zu rechtfertigen bzw. zu legitimieren.
Heute bröckelt diese Hybris im Lichte der Wissenschaft und immer mehr kommt zum Vorschein, dass es sich bei einigen Tierarten, die man inzwischen vorurteilsfrei untersucht hat, zweifelsfrei um mitfühlende, selbstbewusste Individuen mit einer Vorstellung von Raum und Zeit und der Fähigkeit zu strategischem Denken handelt. Sie leben in ihrer eigenen Kultur, haben ein lebenslanges Gedächtnis und vermutlich die Fähigkeit, im Rahmen einer einfachen Grammatik miteinander zu kommunizieren. Alles im Rahmen der Anforderungen, die ihre ökologische Nische an sie stellte.
Tiere nutzen Werkzeuge und besitzen auch so etwas wie Kultur. Beispielsweise unterscheiden sich die Gesänge bestimmter Vögel je nach Region deutlich und in unterschiedlichen Regionen aufwachsende Tiere haben unterschiedliche Techniken entwickelt, Schalen und Hüllen zu knacken. Darüber hinaus können sie sich empathisch verhalten und es wurden einfache Formen von Gerechtigkeitssinn und Fairness entdeckt. In den grundlegenden Fähigkeiten, die uns Menschen zu Personen machen, steht uns somit eine ganze Reihe von Tieren in nichts nach. Und das kann auch kaum verwundern, denn das limbische System, in dem die Gefühle zu Hause sind, ist der stammesgeschichtlich älteste Teil des Gehirns.
Forscher fordern inzwischen für Wale, Delfine, Menschenaffen und Elefanten Persönlichkeitsrechte. Bekannt ist unter anderem die Helsinki-Deklaration von 2010 die auf der Grundlage der Argumentation des Wirtschaftsethikers Thomas I. White basiert: „Im juristischen Sinne schützen Menschenrechte nicht nur Menschen, sondern Personen überhaupt. Wenn es nun aber Tiere gibt, die die Merkmale einer Person erfüllen, dann muss man auch ihnen diese Rechte zugestehen.“ Das ist zumindest ein Anfang. Damit kann man arbeiten.
Zu einer entsprechenden Gesetzesänderung sagt Prof. Dr. Volker Sommer: „Ich meine, dass der historische Moment gekommen ist, um nach Nationalismus, Rassismus und Sexismus auch die Schranke des „Speziesismus“ zu überwinden, der die Diskriminierung von Lebewesen lediglich aufgrund ihrer Artzugehörigkeit rechtfertigt.“ Auch wenn es diesbezüglich noch einige Fragen gibt wie bspw. ob es überhaupt möglich ist, eine komplett antispeziesistische Gesellschaft zu konstruieren (Kann es ein Urheberrecht für Affen geben?), so ist es doch begrüßenswert, wenn wir uns auf den Weg in diese Richtung machen und uns den Herausforderungen dieses Weges Schritt für Schritt stellen.
Einige Länder sind dabei schon mehr Schritte gegangen als wir: im Jahr 2013 hat Indien Delfine als nichtmenschliche Personen anerkannt, deren Recht auf Freiheit und Unversehrtheit geschützt werden muss.
Tiere sind uns Menschen also in vielen Punkten ähnlicher und gegebenenfalls sogar gleicher als wir es uns zuzugestehen bereit sind. Unter der Rubrik „Tierisch menschlich“ werden wir in den nächsten Wochen und Monaten diverse Gemeinsamkeiten vorstellen und näher beleuchten. Gleichzeitig möchten wir euch dazu einladen, selbst über Gemeinsamkeiten nachzudenken und uns von diesen Gemeinsamkeiten zu schreiben. Wenn ihr mögt, veröffentlichen wir euren Beitrag zu diesem Thema ebenfalls hier im Blog.