Sie kam zu mir mit 18 Monaten und verließ mich in Alter von fast 13 Jahren. Wie immer war es ein schmerzlicher Abschied, wäre auch schlimm wenn nicht. Selbst als ihr Körper schon nachließ behielt sie ihre überschäumende Lebensfreude und Energie. Eine Energie, die mich oft genug verblüffte und mir manchmal fast schon Angst machte. Als sie kam, war ich gleich mit ihr zu Besuch, wo gerade eine Geburtstagsfeier stattfand, sie fügte sich sofort nahtlos in die Gruppe dort ein, als sei sie immer schon da gewesen. Auf der ersten Zetapride mit ihr war sie am Anfang etwas überrollt von all den Leuten und Hunden, aber innerhalb eines halben Tages taute sie auf und tollte mit den anderen Hunden zwischen den Zelten herum. Auf einem anderen Treffen hielt sie drei Tage lang 10 Menschen auf Trab, ihr ihren Beißring zu werfen. Sie selber bekam nie genug. Auch wenn man ihr anmerkte, daß sie jetzt langsam überfordert war, sie gab nie auf und abends mußte ich sie aktiv ins Bett schicken, sonst hätte sie weitergemacht bis zum Umfallen.
Kuschelig war sie eigentlich nicht, viel lieber paßte sie auf und hatte alles im Griff. Und sie badete gerne. Nach der leider medizinisch nötigen Kastration veränderte sich ihr Charakter. Sie wurde mehr „rüdig“ und territorial. Besonders, wenn jemand zu uns aufs Grundstück kam, mußte man sie an die Leine nehmen, weil sie dazu neigte, die Eindringlinge anzugreifen. Ging man mit denen ein paar Schritte spazieren und stellt ihr den Besuch dann vor, gab es ab dann kein Problem. Außer mit dem Klempner. Den hat sie gehaßt, warum auch immer. Und was gab es nicht alles für Probleme: Drohungen vom Nachbarn, der sie vergiften wollte, weil sie morgens um 8 Uhr bellte, was mich in Panik versetzte und zwei Versuche, sie tagsüber anderswo unterzubringen bedingte, die beide scheiterten. Dann über Winter 2×3 Stunden pro Tag im (großen) Auto neben der Arbeitsstelle, was mit steigenden Temperaturen nicht mehr ging und dann die Erfindung eines automatisch öffnenden Fensters in Bodenhöhe bedingte, wo sie dann erst um 10 Uhr hinauskonnte. Da kann auch ein Schichtarbeiter nicht mehr meckern.
Am Anfang hatte Cessy Verlustängste und bellte den Tag durch, aber nach einer Woche Üben lernte sie, daß ich IMMER wiederkommen würde. Was ich, obwohl ich ein Mensch und damit unzuverlässig bin, auch tat. Aufgeben war nicht ihr Ding. Einmal habe ich sie über einen Kilometer hinter mir hergeschleift, weil sie den Stock nicht loslassen wollte. Ich aber auch nicht :-).
Ich hatte immer die Angst, daß die Antis sie entführen würden, wie sie es bei Sandor von Bela (da auch noch mit Hilfe einer belogenen Richterin) gemacht haben, wogegen ich nichts hätte tun können. Ist aber zum Glück nicht geschehen. Selbst die Demonstration von 30 Antis vor der Haustür ging glimpflich ab. Und auch der Oberschmierfink gestand in einem seiner Machwerke zu, daß sie mir vertraute. Aber ich gab mir ja auch Mühe, so vertrauenswürdig wie mir als Mensch möglich zu sein.
Und was hat man nicht alles an ihr herumgeschnibbelt: Die Kastration, eine Magendrehung aus dem Nichts, gefressen, hingelegt, Magendrehung, eine Calcinosis circumscripta, wo sie ins Wasser trat und ich nicht merkte, daß sich in dem Schuh alles aufrieb – gelobt sei die Tierklinik, die zwar Preise hat wie für die Ölscheichs, aber 55 Minuten nach den ersten Symptomen der Magendrehung begann die Operation, und das gegen 22 Uhr. Und es bleib NICHTS zurück. Auch dank ihrer Privatpflegerin. Cessy war übrigens eine Meisterin, skeptische Journalisten, Wissenschaftler, Amtstierärzte und Polizisten um die Pfote zu wickeln. Sie kamen zweifelnd bis abweisend und gingen begeistert. Abends lag sie immer hinter mir, an mich gedrückt, bis ihr das zu warm wurde und sie einen anderen Platz suchte. Zwei Wochen vor ihrem Tod begann sie, sich zurückzuziehen, lag abends nicht mehr neben mir sondern zog sich in die hinterste Ecke des Hauses zurück. Eine Untersuchung ergab, daß ihr Körper an diversen Stellen aufgab. Behandlungsversuch, brachte nicht viel, es ging immer auf und ab, und als es ihr eines Tages besonders schlecht ging, wurde sie neben mir liegend eingeschläfert. Am nächsten Tag im Krematorium sang ich für sie und verlor kurzzeitig die Selbstkontrolle. Nur gut, daß eine Vertrauensperson da war und mich dirigierte. Nun steht sie im Schrank, in einer weißen Pappschachtel, säuberlich beschriftet, und wartet auf mich.