Das sagt die Sexualtherapeutin

Der schon etwas ältere Text „Das sagt die Sexualtherapeutin“ ist ein Lehrstück, wie man durch die Verwendung emotionsgeladener Begriffe eine Stimmung erzeugt. Eine negative. Natürlich. Denn hier spricht ja eine Expertin. Und der Reporter. Sex mit Tieren: Das sagt die Sexualtherapeutin
Im ersten Absatz spricht die Therapeutin Elisabeth Quendler von Tiere sind schützenswert, Glück und Beziehung. Unausgesprochen heißt das natürlich auch: Der Zoophile tut den Tieren etwas an, zerstört das Glück und die Beziehung. Was alle ja sowieso schon glauben. 
„Zoophilie bedeutet, dass jemand sexuelle Erregung verspürt über sexuelle Handlungen an Tieren, in der Realität, in der Phantasie, beim Zusehen oder bei der Beschäftigung damit“
Und das über mehr als ein halbes Jahr. (an anderer Stelle)
Das ist tatsächlich die Definition einer Paraphilie. Paraphilie ist laut DSM 5 aber erst dann eine Krankheit und behandlungsbedürftig, wenn irgendwer darunter leidet. https://de.wikipedia.org/wiki/DSM-5
Aber was ist mit der Beziehung, dem gerade bei Zoophilen stark ausgeprägten emotionalen Aspekt? Der oder die Zoophile, der/die glücklich mit seinem/ihrem Tier/in zusammenlebt und Sex mit ihm oder ihr hat? (oder auch nicht, kommt auch oft genug vor).
Nächster Absatz: Auslöser der Perversion.

Perversion ist übrigens auch ein negativ konnotierter Begriff, der zumindest in der Wissenschaft nicht mehr verwendet wird. 

Verwendet werden hier die Begriffe Verletzlichkeit, Trauma, erregend, entlastend, was den Eindruck erweckt, alle Zoophilen seien reine Reiz-Reaktions-Maschinen. „Beim ersten Auftreten wird das Erlebnis als entlastend oder erregend erlebt. Und dadurch wird es verstärkt und tritt wieder auf.“
 Descartes lässt grüßen. 
„Das bedeutet, die Veranlagung kann vorhanden sein, ohne jemals auszubrechen?
Ja. Es ist bei vielen psychischen Erkrankungen so, dass es genetisch bedingt eine Veranlagung gibt, die Krankheit aber nie ausbricht, weil es keinen Trigger gibt. Das gilt zum Beispiel auch bei Schizophrenie oder Depressionen. 
Was nicht heißt, daß Zoophilie eine vererbbare psychische Erkrankung ist. Krankheit erscheint mir hier auch ein etwas überzogener Begriff. Und es stimmt einfach nach meinen Erfahrungen nicht, dass ein Trigger kommt, dann macht es Plopp und man ist zoophil. Auch gemäß wissenschaftlicher Untersuchungen (z.B. Miletski, Weinberg und Williams) tritt das Phänomen mit der Pubertät auf.
„Was ist Zoophilie eigentlich? Eine Krankheit? Eine sexuelle Störung?
Wenn sich die überdauernde sexuelle Erregbarkeit schon im Jugendalter manifestiert, dann sprechen wir von einer sexuellen Präferenzstörung. Wer das Wort nicht mag, sagt Präferenzbesonderheit. Das ist vergleichbar mit Pädophilie, Sadismus und Masochismus.“
… oder Völkermord oder dem Braten kleiner Kinder. Die Vergleiche sind wieder negativ konnotiert. Selbst wenn die Aussage an sich richtig ist. 
„Aber es ist zu beurteilen, ob es andauernd ist, oder ob es sich um ein einmaliges Auftreten handelt. Dann ist es ein Verhalten. Krankhaft ist etwas immer dann, wenn der Mensch selbst darunter leidet oder andere dadurch zu Schaden kommen.“
Setzen wir hier mal nachsichtigerweise Krankheit für behandlungsbedürftig, aber das stimmt tatsächlich laut dem DSM 5. 
Und wenn das nicht so ist? Mensch und Tier machen das freiwillig, weil es Spaß macht und die Bindung fördert? 
 „Wenn es zu Übergriffen kommt, ist es eine Verhaltensweise, die abartig wirkt, Ekel und Abscheu erzeugt.“ 

 Also ein Übergriff ist nach meinem Verständnis, wenn etwas gegen den Willen des Anderen geschieht. 

 Was selten der Fall ist und von Zoophilen als Vergewaltigung angesehen wird wie jede andere auch.  Macht sich als Begriff zur Stimmungsmache aber natürlich gut.
Aber daß ein sexueller Kontakt zwischen dem Menschen und einem Tier eine Verhaltensweise ist, die Ekel und Abscheu erzeugt, ist nicht das Problem der Zoophilen sondern ein Problem der Gesellschaft. Wenn ich Sex zwischen Menschen mit dem dabei bisweilen verbundenen dummen Geschwätz eklig finden sollte, wäre das doch auch mein eigenes Problem. 

„Heilbar sind sie nicht, aber behandelbar. Das erlebe ich tagtäglich mit meinen pädophilen Patienten.  Deshalb müssen wir das genauer unter die Lupe nehmen und fragen, warum derjenige das tut. Ausgelebte Zoophilie ist in jedem Fall behandlungswürdig.“

Und das, meine liebe Expertin, ist schlicht falsch. 
Die Kurzversion der Leitlinien zur Diagnose, Therapie und Prognose von Störungen der sexuellen Präferenz bzw. von Paraphilien der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde sagen zwar 
„Im Kontext der Psychiatrie werden die Störungen der Sexualpräferenz (ICD-10) als wiederholt auftretende intensive sexuelle Impulse und Fantasien beschrieben, die sich auf ungewöhnliche Gegenstände oder Aktivitäten beziehen, als behandlungsbedürftig gelten sie nur, wenn entsprechende Handlungen folgen oder wenn sich die Betroffenen durch Fantasien und Impulse deutlich (persönlich, beruflich oder sozial) beeinträchtigt fühlen und die Präferenz mindestens sechs Monate besteht“
Aber das ist meines Erachtens ethisch nicht haltbar und widerspricht auch der Definition im DSM 5. Wenn einer sein Auto liebt und den Auspuff penetriert muß er noch lange nicht behandelt werden. Schon gar nicht zwangsweise.  
Zur rechtlichen Bewertung sagte der bereits leider verstorbene ehemalige Verfassungsrichter Prof. Dr. Hassemer übrigens (sinngemäß): „Nur weil etwas ekelhaft ist, ist es noch lange nicht strafbar“
„Insgesamt ist es gut möglich, sexuell erregende Verhaltensweisen so zu kontrollieren, dass man nicht zum Täter wird.“
Ein gefährlicher Täter, vor dem man Angst haben muß, weil er ja ein Täter ist…. 
Im Falle von sexuellen Kontakten zwischen einem Menschen und einem Tier gibt keine (Straf)Tat, nur eine Ordnungswidrigkeit, und die auch nur, wenn das Tier mit einem Zwang, in etwa gleichzusetzen mit physischer Gewalt, dazu gezwungen wird. https://blog.zeta-verein.de/2016/04/was-das-verfassungsgericht-wirklich-gesagt-hat/
Fazit: Der Artikel passt sehr schön in die Reihe der unten angeführten anderen Veröffentlichungen zu dem Fall, ist genauso emotionsgeladen wie verurteilend. Allerdings etwas subtiler als die anderen Artikel . Was es nicht besser macht. 
 
 
 
Als Psychologin sollte man doch durch Studium und Ausbildung gelernt haben, die eigenen Motivationen zu hinterfragen…