Liebe und Sexualität sind für Frau Hamano besonders schwierige Themen, denn sie hat in ihrer Ehe extreme und extrem sexualisierte Gewalt erlebt. Dies traumatisierte sie stark und zerstörte ihr erlerntes Konzept von „Liebe“. Daraus folgte für sie die Hoffnung, durch die Masterarbeit im Rahmen ihres ihres Anthropologie-Studiums über eine wissenschaftlich kaum untersuchte und mit gesellschaftlichen Vorurteilen behaftete Gruppe Menschen mehr über das Konzept und das gelebte Veständnis von Liebe und Sexualität zu erfahren.
Frau Hamano lebte ab Juni 2016 insgesamt 6 Monate mit verschiedenen Zoophilen zusammen, und sowohl in als auch nach dieser Zeit hat sich ihr Weltbild grundlegend geändert. Das Ergebnis war für sie um Größenordnungen besser als ihr Zustand vor dieser Zeit.
Ein weiteres Ergebnis ist ihr Buch „Saint Zoo“, in dem sie über die Zeit mit uns und ihre Auseinandersetzung mit dem Thema Zoophilie reflektiert.
Als ich ihr Buch „Saint Zoo“ las, veränderte sich durch Ihre Einsichten auch mein Weltbild und ich kam ins Grübeln. Mögen auch einige Fakten aus den Lebensgeschichten ihrer Forschungsobjekte gewollt oder ungewollt nicht ganz exakt sein, ihre Beobachtungen und ihre Schlussfolgerungen daraus sind nicht nur korrekt, sondern genau auf den Punkt.
Sie schreibt beispielsweise sehr richtig, dass ihre Forschung nicht funktioniert hätte, wäre sie immer strikt in der Rolle der Beobachterin geblieben. Es geht hier ja um Beziehungen, und dafür musste sie als Forscherin auch einen Teil von sich selbst mit einbringen. In ihrem Buch verknüpft sie sehr empfindsam ihre Beobachtungen und Schlussfolgerungen mit ihrem Leben, ihrer Verletzlichkeit und den Stereotypen der deutschen und japanischen Gesellschaft. Dadurch wird ihr Buch zu einem sehr komplexen Werk der Gedanken und Gefühle.
Am Ende zerfasert der Begriff „Liebe“ in ganz viele Definitionen, und hinter jeder dieser Definitionen steht eine konkrete Vorstellung. Das ist, neben allem Anderen, ein großer Fortschritt in der Kulturgeschichte.
Für „Saint Zoo“ ist Chihiro Hamano mit dem 17. Takeshi Kaik?-Sachbuchpreis ausgezeichnet worden. Dazu gratulieren wir sehr herzlich. Wir sind dankbar für ihr Vertrauen, ihre Aufgeschlossenheit und die vielen wertvollen Gespräche, die wir mit ihr führen durften.
„Saint Zoo“ ist im Verlag Matthes & Seitz Berlin in der deutschen Übersetzung erschienen und für 25€ als gebundenes Buch oder für 18,99€ als eBook erhältlich.