Therapie und Zoophilie

Ein Gastbeitrag von Charles Menni, übersetzt von Michael Kiok

[alle juristischen Ausagen in diesem Text beziehen sich auf das französische Recht]

Jeder Zoophile kann in die Situation kommen, eine Therapie ins Auge zu fassen. Sei es wegen den Folgen von Mobbing, familiären Problemen, dem Verlust eines geliebten Wesens, oder weil man sich selbst einfach besser verstehen will. Dabei kommen unweigerlich Fragen auf, die wir in diesem Beitrag zu beantworten versuchen.

Warum überhaupt darüber sprechen?
Jeder kann gute Gründe haben darüber zu sprechen, auch wenn der Drang, genau das nicht zu tun, sehr stark sein mag. Man kann sich schlecht fühlen, weil man zoophil ist, seine Sexualität verachten und sie ablehnen. Dabei sind Sie nicht alleine, und bedenken Sie, bei den LGBT – Leuten ist das sehr verbreitet. In diesem Fall heißt nicht darüber zu sprechen, daß man sich verbietet, den Grund des eigenen Leides herauszufinden. Für Andere ist Zoophilie nicht direkt eine Quelle des Leides, sie erzeugt weder Scham noch Ekel. Aber es ist diese Angst entdeckt zu werden, diese soziale Verurteilung und was man so in der Zeitung liest, was an ihnen nagt. Hier kann man das Gefühl ungerecht behandelt zu werden ansprechen. Und man kann üben, sich einem anderen Menschen zu offenbaren, in diesem Fall dem Therapeuten.

Rechtliche Risiken
Um es so breit wie möglich zu behandeln können wir 4 verschiedene Ebenen der Geheimhaltungspflicht unterscheiden:

Ihr Therapeut unterliegt nicht der Schweigepflicht
Er unterliegt der Schweigepflicht, kann aber einen Entbindung davon verlangen
Er unterliegt der Schweigepflicht, ist aber gesetzlich dazu verpflichtet, Fälle von Zoophilie und/oder Bestialität zu melden
Er unterliegt der Schweigepflicht, und Zoophilie gehört nicht zu den Ausnahmen

In Frankreich erstreckt sich die Schweigepflicht auf Ärzte und damit auch auf Pychiater, aber nicht auf Psychologen (article 226-13 du code pénal), Ausnahmen betreffen Übergriffe auf Minderjährige oder vulnerable Personen sowie auf eheliche Gewalt (article 226-14 du code pénal).
In der Schweiz erstreckt sich die Schweigepflicht ausdrücklich auch auf Psychologen, aber die Strafverfolgungsbehörden können die Befreiung davon verlangen (was der Patient anfechten kann). Ausnahmen zum Schutz Minderjähriger gibt es auch hier.
In Belgien sieht es so aus, als seien die Psychologen auch der Schweigepflicht unterworfen (article 458 et 458bis du code pénal), mit Ausnahmen, zu denen zoophile Praktiken wahrscheinlich ncht gehören.
Das Recht entwickelt sich weiter, also müssen Sie den alktuellen Stand recherchieren um Ihre Antwort zu finden. Das Internet ist da ein guter Anfang. Auf jeden Fall muß man feststellen, daß sich die Psychologie und die Psychiatrie gewöhnlich mit Dingen beschäftigen, die von der Gesellschaft als schlecht angesehen werden, oder die sogar verboten sind. Geheimhaltung und Diskretion sind auf jeden Fall erforderlich, weil sie der Schlüssel zu dem für die Therapie nötigen Vertrauen sind. Deswegen, wenn es sich nur um Geschehnisse in der Vergangenheit handelt, die Therapeuten auch bei schweren Verbrechen meist nicht melden, brechen sie ihre Schweigepflicht nur, wenn sie müssen, und nur bei Gefahr im Verzug.

Wie kann man diesen Risiken entgegenwirken?
In einer Folge des amerikanischen zoophilen Podcasts „Zooier Than Thou“ empfiehlt Dr. Hani Miletski, eine Spezialistin für Zoophilie, den Therapeuten einfach zu fragen: „Was müssen Sie melden? Oder: Was würden Sie melden?“ In dem Moment bringen Sie Ihren Psychologen ein wenig in Verlegenheit, denn er kann ja nicht wissen, was Sie ihm erzählen werden, und so werden Sie sicherlich eine allgemeine Antwort bekommen wie „wenn Sie jamanden konkret umbringen wollen“. Dann können Sie weiterfragen: „Und wie ist das bei Beziehungen mit Tieren?“
Nach diesen Fragen können Sie die Einstellung des Therapeuten einschätzen. Sie können direkt über das Thema sprechen, ihm erstmal 3 Monate lang Ihr Leben erzählen und dann entscheiden, oder es einfach ganz lassen. Sie haben die freie Entscheidung! Zum Beispiel, wenn Ihnen Ihr Therpeut erklärt, daß er kein Strafverfolger ist und daß es das Wichtigste sei, frei über alles zu sprechen, dann sollten Sie das Thema ansprechen können. Und bedenken Sie: Neigung heißt nicht Praxis, wenn das Gespräch unangenhem wird, sobald es um Ihre Neigungen geht, dann haben Sie auf jeden Fall einen sehr schlechten Psychologen vor sich. Sprechen Sie dann nicht von der Praxis, wechseln Sie das Thema oder gehen Sie einfach und das war es dann. Wenn Sie nicht über die Praxis reden geht das Risiko gegen Null.

Aber Zoophilie wird doch als Paraphilie angesehen? Was werden die mit mir machen?
Sie haben enorm viele Publikationen und psychiatrische Einschätzungen über Zoophilie lesen können, welche Begleiterkrankungen es geben kann, Studien über Strafgefangene… und jetzt ist es an der Zeit, das alles zu vergessen. Nicht nur, weil Ihr Therapeut wahrscheinlich nie diese ganzen Studien gelesen hat, sondern weil sie nicht viel zu dem Weg beitragen, den man im Falle der Zoophilie zu gehen hat. Sie werden schnell feststellen: der Spezialist bei diesem Thema sind SIE.

In dem hypothetischen Fall, daß Sie an einen etwas extremen Therapeuten geraten, der Sie Glauben machen möchte, daß Sie krank sind, noch einmal: er kann Sie nicht dazu zwingen, irgeneine Behandlung durführen zu lassen. Das liegt in der freien Entscheidung des Patienten. Seien Sie unbesorgt: Durch sein Verhalten, wenn Sie das Thema aufbringen oder Ihre Fragen unter den Siegel der Verschwiegenheit stellen, wird der Psychologe seine seine eventuell schlechten Intentionen verraten.

Je nach den Versicherungsbedingungen in Ihrem Land ist es möglich, daß Sie ihren Fall begründen oder rechtfertigen müssen, damit die Versicherung die Kosten übernimmt. In diesem Falle ist es besser, wenn auf dem Antrag „sexuelle Opientierung“ statt „Paraphilie“ steht. Darüber müssen Sie mit Ihrem Therapeuten reden, er muß vorher von Ihnen die Erlaubnis einholen, Ihre persönlichen Daten weiterzugeben, und im Zweifelsfall könnn sie ihm sagen, daß Sie nicht wollen, daß diese Daten weitergegeben werden.

Fazit und Fallbeispiele
Das Verbot sexueller Kontakte mit Tieren ist kein großes Hindernis, eine Therapie zu bekommen. Über die Praxis zu sprechen ist nur möglich, wenn die Schweigepflicht völlig garantiert ist, aber am Ende ist das auch gar nicht notwendig. Wichtig ist, daß Ihr Therapeut versteht, was Sie bewegt. Wenn Sie erklären müssen, daß Sie Angst davor haben, die Leute würden sich ihre Gedanken machen, reicht es, wenn Sie ihm sagen, dass es Momente gibt, in denen jeder sehen kann, wie Sie beim Anblick Ihrer Auserwählten jedesmal rot werden und lange Minuten damit verbringen, Ihr Fell zu bürsten und an ihrer Mähne zu riechen. Wenn Sie über die Ungerechtigkeit dieses Verbotes sprechen wollen ist es nicht nötig, von Ihren persönlichen Erfahrungen zu berichten. Sie können als Beispiel die Pferde bringen, die sich freuen, wenn es zur Absamstation geht.

In Therapie zu gehen heißt, von Ihrem Frust und Ihrer Traurigkeit sprechen zu können, offen die Methoden der Antis zu kritisieren, den Abszeß zum Platzen zu bringen, den diese Ungerechtigkeit erzeugt hat. Das mag am Anfang hart sein, aber hinterher wrden Sie sich erleichtert fühlen.

Ein Testimonial von Fayçal: „Ich habe meine zoophilen Sehnsüchte im Rahmen einer Therapie wegen Burnouts mit einem Psychiater besprochen. Ich wollte das Thema nicht von vornherein ansprechen und blieb in den ersten Sitzungen ausweichend, als es um Gefühle ging. Möglicherweise hat sich der Psychiater schon so etwas gedacht, und irgendwann hat er über die vielen Fälle exotischer Paraphilien unter seinen Patienten und der Allgemeinheit gesprochen, in einem leichten Ton, der mir Vertauen einflößte. Ich habe ihm dann doch mein Geheimnis offenbart. Der Psychiater hat mir versichert, daß das gar nicht so selten sei, und daß er Zoophilie nicht als medizinisches Problem ansähe, wenn die Person nicht darunter leide und das Tier weder mißhandelt noch gezwungen würde. Was die rechtliche Situation angehe, sähe ein relativ keines Risiko, wenn man ein paar Vorsichtsmaßnahmen ergreift, die der gesunde Menschenvestand sowieso gebietet (übrigens hat er „paraphilie“ statt „Zoophilie“ in die Akte geschrieben). Er hat mich ermutigt zu experimentieren und zu versuchen, Kontakt mit anderen Zoophilen aufzunehmen. Diese Gespräche und seine Reaktion haben mir Vertrauen gegeben, wo da Thema doch in der Presse in einem sehr negativen Ton abgehandelt wird und nur wenige Leute es wagen, Nuancen aufzuzeigen.“

Charles Menni, Juin 2023
Twitter : @CharlesMenni